Artikel aus der «Neuen Zürcher Zeitung» vom 28.10.2014, Seite 15:
Wenn Golf, dann in der Beichlen
Die Gemeinden des Bezirks Horgen stimmen am 30. November über einen Migros-Golfpark in Wädenswil ab
Die Stimmberechtigten des Bezirks Horgen haben einen Grundsatzentscheid zu fällen. Sagen sie Nein zum Migros-Golfplatz, dürften die
Chancen anderer Projekte gegen null sinken. Der Standort Beichlen ist so gut geeignet wie kaum ein anderer.
Walter Bernet
Seit einem guten Jahrzehnt versucht die Genossenschaft Migros Zürich, am linken Zürichseeufer einen öffentlichen Golfplatz nach dem
Muster ihrer Anlage in Otelfingen zu bauen. Ein erster Versuch am Wädenswiler Berg wurde vor bald acht Jahren aufgegeben, weil zu wenige Bauern Land zur Verfügung stellen wollten. Jetzt sind die
Chancen an einem andern Ort etwas besser als auch schon. Die notwendigen 70 Hektaren Pachtland sind beisammen, die Planungsgruppe Zimmerberg hat dem Eintrag eines Erholungsgebiets für den
Golfplatz in der Wädenswiler Beichlen zugestimmt.
Für alle offen
Allerdings hat sie den Beschluss freiwillig der Abstimmung in den zwölf Gemeinden des Bezirks unterstellt. Am 30. November findet der
Urnengang statt. Sagt eine Mehrheit der Gemeinden und eine Mehrheit der Stimmberechtigten des Bezirks Ja, können die Wädenswiler die weiteren Entscheide selber treffen. Sie werden dann über die
entsprechende Umzonung und über einen Gestaltungsplan befinden müssen. Im Rahmen der Bezirksabstimmung ist das Resultat in der Stadt Wädenswil deshalb von besonderem Interesse. Fällt es deutlich
negativ aus, dürfte die Migros das Projekt begraben.
Das erklärt die Vehemenz, mit der der Abstimmungskampf schon seit einiger Zeit im Hintergrund geführt wird. Wenn bereits im Bezirk
eine Ablehnung zustande kommt, ist das Projekt gestorben. Die Meinungen sind gemacht. Eine IG Kulturland Zimmerberg, in der sich rund 50 Bauern aus der Region zusammengetan haben, die Grünen und
der Zürcher Bauernverband bilden die Speerspitze des Widerstands. Für das vom Wädenswiler Stadtrat unterstützte Projekt setzt sich ein überparteiliches Komitee Ja zum Golfpark mit zurzeit rund
190 Mitgliedern aus dem ganzen Bezirk ein. Beiden Seiten dürfte es nicht so leicht fallen, Adliswilern oder Langnauern die Besonderheiten des Projekts in Wädenswil
nahezubringen.
Vorgesehen ist eine öffentliche 18-Loch-Anlage, welche an den seit 2011 betriebenen Golf-Campus der Migros mit seiner 3-Loch-Anlage
anschliesst und Synergien mit den bestehenden Fussballplätzen, der Hundeschule und dem Schiessplatz nutzt. Von den rund 70 Hektaren Vertragsfläche würde ein Drittel für das Golfspiel benötigt,
ein Drittel als ökologische Ausgleichsfläche ausgeschieden und ein Drittel extensiv landwirtschaftlich genutzt. Die aufwendige Detailplanung steht noch aus. Vorgesehen sind ein zusätzliches
Betriebsgebäude und mehr Parkplätze. Gerechnet wird mit 200 Spielern pro Tag, was das Verkehrsaufkommen - verteilt über den Tag - um rund drei Prozent erhöhen würde. Restaurant, Reit-, Spazier-
und Veloweg wären öffentlich, eventuell auch die Garderoben.
Pro und Contra
Die Befürworter und die Migros führen die grosse Nachfrage nach freiem Golfspiel ohne Mitgliedschaft ins Feld. Rund 20 000 Golfer
gebe es im Kanton Zürich. Die Beichlen sei besonders geeignet, weil sie bereits für Erholungs- und Freizeitaktivitäten erschlossen sei und diverse Sportanlagen umfasse. Das Projekt bewirke
insgesamt eine ökologische Aufwertung des Gebiets. Es ermögliche den beteiligten Landwirten eine Diversifizierung und schaffe rund 30 Arbeitsplätze. Mit dem Bau des Golfplatzes sei die Auflage
verbunden, die beanspruchten Flächen innerhalb eines Jahres wieder in Kulturland zurückführen zu können. Dafür muss die Betreiberin 1 Million Franken auf einem Sperrkonto
hinterlegen.
Die Auseinandersetzungen entzünden sich an der Beanspruchung von Agrarland: Die Stimmbürger hätten sich wiederholt gegen die weitere
Verringerung von Produktionsflächen gestellt, sagen die Gegner. Die Eingriffe in die Landschaft, die intensive Pflege und Bewässerung der Spielbahnen, die nötigen Sicherheitsmassnahmen sprächen
gegen die These von der ökologischen Aufwertung. Der Entzug von 70 Hektaren landwirtschaftlicher Nutzfläche bedrohe die Existenz der übrigen Bauern, weil durch den Golfplatz und dessen Suche nach
Realersatz für Fruchtfolgeflächen die Pachtzinsen in die Höhe getrieben würden, so argumentieren die Gegner. Die Befürworter verweisen auf die schlechte Qualität der Böden: Es werde nur
landwirtschaftlich nicht sehr wertvolles Land beansprucht. Wenn ein Golfplatz, dann in der Beichlen.
Kommentar schreiben